Bedeutung und Anwendung der Wohnflächenverordnung
Mit Wirkung zum 1.1.2004 ist die so genannte Wohnflächenverordnung (WoFlV) in Kraft getreten. Bis zum 31.12.2003 galten für die Ermittlung der Wohnfläche grundsätzlich die Bestimmungen der §§ 42 - 44 Zweite Berechnungsverordnung a.F.(II.BV). Obwohl die inhaltlichen Änderungen der neuen Wohnflächenverordnung im Verhältnis zu den bisher geltenden Bestimmungen nicht gravierend sind, rückt diese Verordnung zunehmend in den Mittelpunkt mietrechtlicher Beratungstätigkeit.
Anlass hierfür ist, dass der Gesetzgeber mit In-Kraft-Treten der Mietrechtsreform am 1.9.2001 erstmals einen Verteilerschlüssel zur Umlage der Betriebskosten in das Gesetz, nämlich in § 556a Abs. 1 BGB, aufgenommen hat. Danach sind die Betriebskosten vorbehaltlich anderweitiger Vorschriften nach dem Anteil der Wohnfläche umzulegen.
Wie die Wohnfläche im einzelnen zu ermitteln ist, hat der Gesetzgeber jedoch nicht geregelt.
Sowohl die Bestimmungen der Zweiten Berechnungsverordnung als auch diejenigen der Wohnflächenverordnung sind ausschließlich dem Bereich des sozial gebundenen Mietrechts zuzuordnen. D.h., diese Regelungen sind zwingend für Mietverhältnisse anzuwenden, die im Rahmen des preisgebundenen Mietrechts abgeschlossen werden.
Für Mietverträge, die keiner Preisbindung unterliegen, gibt es dagegen keine unmittelbar zwingend anzuwendenden gesetzlichen Regelungen für die Ermittlung der Wohnfläche.
Was also tun, wenn der Gesetzgeber einerseits die Wohnfläche als Verteilerschlüssel festlegt, es aber unterlässt Regelungen zur Ermittlung der Wohnfläche zu schaffen?
Dieses Problem ist nicht neu. Die mietrechtliche Praxis hat sich auch schon vor In-Kraft-Treten der Wohnflächenverordnung weitgehend nach den Regelungen der §§ 42 ff II.BV (a.F.) zur Ermittlung der Wohnfläche gerichtet. Diese Vorgehensweise wird durch eine aktuelle Entscheidung des BGH vom 24.3.2004 (VIII ZR 44/ 03) bestätigt. Danach können zur Ermittlung der Wohnfläche im Regelfall auch im freifinanzierten Wohnraum die Bestimmungen der §§ 42 - 44 II. BV (a.F.) als Maßstab herangezogen werden.
Das bedeutet gleichzeitig, dass auch die Bestimmungen der Wohnflächenverordnung, die an die Stelle derjenigen der II. BV getreten sind, im Regelfall auch bei freifinanzierten Wohnungen Anwendung finden.
Möglich und zu empfehlen ist es daher, in Mietverträgen die Anwendung der Wohnflächenverordnung zur Ermittlung der Wohnfläche zu vereinbaren, sofern der Verteilerschlüssel für die Umlage der Betriebskosten die Wohnflächen sind.
Neben den Regelungen der II.BV (a.F.) und der Wohnflächenverordnung kann die Wohnfläche auch nach DIN 283 ermittelt werden. Allerdings ist diese Norm im Jahre 1983 vom Normenausschuss zurückgezogen worden. Die Anwendung der DIN 283 kann gleichwohl vereinbart werden. Sie spielt jedoch im Mietrecht eine eher untergeordnete Rolle. Es sollte daher der Anwendung der Bestimmungen der Wohnflächenverordnung grundsätzlich der Vorzug gegeben werden.
Zu beachten ist, dass es zwar für die Ermittlung der Wohnfläche eine rechtliche Grundlage gibt, für die Ermittlung von Nutz- oder Gewerbeflächen jedoch keine entsprechenden Bestimmungen existieren. Wird daher Gewerbe vermietet, so sollte man auch Vereinbarungen zur vermieteten Fläche treffen. Es kann auf Pläne verwiesen werden oder die vermietete Fläche vertragsmäßig beschrieben und dokumentiert werden.
- Folgende Fragen gilt es in der Praxis zu beantworten:
- Wie wird die Wohnfläche ermittelt
Ist die Anwendung der Wohnflächenverordnung im Mietvertrag vereinbart, so erfolgt die Ermittlung der Wohnfläche nach diesen Bestimmungen. Ist die Wohnflächenverordnung nicht als Grundlage vertraglich festgelegt worden, so können deren Bestimmungen jedenfalls entsprechend herangezogen werden (s. BGH v. 24.3.2004 a.a.O.).
a. Feststellung der Flächen einer Wohnung.
Zunächst gilt es gemäß § 2 WoFlV die Grundflächen der Räume zu ermitteln, die ausschließlich zu einer Wohnung gehören. Auch Nebenräume, die sich innerhalb der Wohnung befinden, zählen zur Grundfläche, z.B. Schrankräume, Abstellräume oder auch ein Windfang.
Ebenfalls sind die Grundflächen von Schwimmbädern und ähnlichen nach allen Seiten geschlossenen Räumen (z.B. Hobbyräume, Sauna), Balkonen, Terrassen, Loggien und Wintergärten zu der Grundfläche zu zählen ( §2 Abs. 1 u. 2 WoFlV).
Nicht zur Grundfläche hinzugerechnet werden dürfen jedoch die Flächen von Zubehörräumen, z.B. Keller, Trocken- und Heizungsräume, Dachböden, Waschküchen und Garagen (§ 2 Abs. 3 WOFlV).
Unter Zubehörräumen sind Räume zu verstehen, die nicht dem dauernden oder vorübergehenden Aufenthalt zu unmittelbaren Wohnzwecken, gleichwohl aber mittelbar Wohnzwecken dienen. Das besondere Kennzeichen solcher Räume ist, dass sie außerhalb des engeren Wohnbereichs liegen.
Grundflächen von Geschäftsräumen zählen grundsätzlich nicht zur Grundfläche. Hiervon zu unterscheiden ist jedoch ein Arbeitszimmer, das sich innerhalb der Wohnung befindet. Die Fläche eines solchen freiberuflich genutzten Zimmers zählt zur Grundfläche. Es handelt sich hier gerade nicht um einen Geschäftsraum i.S. d. § 2 Abs. 3 Nr. 3 WoFlV.
b. Ermittlung der Grundflächen
§ 3 WoFlV regelt, wie die Grundflächen technisch zu ermitteln sind.
Die Grundfläche sind nach den lichten Maßen zwischen den Bauteilen zu messen. Ein Putzabschlag von 3 %, wie nach der II.BV noch vorgesehen, ist nach der WoFlV nicht mehr vorzunehmen.
Bei der Ermittlung der Grundflächen sind folgende Flächen zu berücksichtigen:
- Tür- und Fensterbekleidungen, Tür- und Fensterumrahmungen
- Fuß-, Sockel- und Schrammleisten
- Fest eingebaute Gegenstände, wie z.B. Öfen, Heiz- und Klimageräte, Herde, Bade- und Duschwannen
- Freiliegende Installationen
- Einbaumöbel
- Nicht ortsgebundene, versetzbare Raumteiler
Bei der Ermittlung der Grundflächen bleiben folgende Flächen außer Betracht:
- Schornsteine, Vormauerungen, Bekleidungen, freistehende Pfeiler und Säulen, wenn sie eine Höhe von mehr als 1,50 Meter aufweisen und ihre Grundfläche mehr als 0,1 Quadratmeter beträgt
- Treppen mit über drei Steigungen und deren Treppenabsätze
- Türnischen
- Fenster- und offene Wandnischen, die nicht bis zum Fußboden herunterreichen und 0,13 Meter oder weniger tief sind.
c. § 4 WoFlV regelt, welche Grundflächen zur Wohnfläche anzurechnen sind.
Gehören nach § 2 WoFlV die Grundflächen von Wintergärten, Balkonen, Dachterrassen, Terrassen u.ä. (s.o.) grundsätzlich zur Fläche einer Wohnung, so regelt § 4 WoFlV inwieweit diese Flächen voll oder nur anteilig bei der tatsächlichen Wohnfläche berücksichtigt werden können. Denn entscheidend für die Bewertung der Anrechenbarkeit dieser Flächen ist deren Wohnwert.
Räume und Raumteile mit einer lichten Höhe von mindestens 2 Metern sind vollständig, von Räumen oder Raumteilen mit einer lichten Höhe von mindestens 1 Meter und weniger als 2 Metern sind zur Hälfte mit ihrer Grundfläche anzurechnen.Das bedeutet, dass bei einer lichten Höhe bis maximal 1 Meter, die Flächen dieser Räume oder Raumteile überhaupt nicht zu berücksichtigen sind.
Unbeheizte Wintergärten, Schwimmbäder und ähnliche nach allen Seiten geschlossene Räume sind zur Hälfte anrechenbar. Ist dagegen ein beheizter Wintergarten vorhanden, so ist die volle Grundfläche zur Wohnfläche zu zählen. Anders jedoch bei einem Hobbyraum, hier spielt es keine Rolle, ob dieser beheizt ist oder nicht, seine Grundfläche wird in jedem Fall nur zur Hälfte angerechnet.
Die Grundflächen von Balkonen, Loggien, Dachgärten und Terrassen sind in der Regel zu einem Viertel, höchstens jedoch zur Hälfte anzurechnen.
Hier hat der Verordnungsgeber bei der Bewertung der Flächen einen Spielraum zugelassen. Die Regelanrechnung bedeutet, dass sowohl Abweichungen nach unten als auch nach oben - maximal jedoch bis zur Hälfte - möglich sind. Es bedarf daher einer individuellen Bewertung und Beurteilung dieser Flächen. Hierbei kommt es auf die besonderen Umstände des Einzelfalls an.
Abweichungen von der Regelanrechnung nach oben können sich z.B. bei besonders guter Ausrichtung, Lage, Ausstattung o.ä. dieser Flächen ergeben. Zeigt z.B. ein Balkon nach Süden oder Süd-Westen, geht der Blick "ins Grüne" ohne dass gleichzeitig eine Verschattung vorliegt oder ist der Balkon mit Markise, Wasseranschluss, Pflanzkästen o.ä. ausgestattet, so kommt hier sicherlich eine höhere Berücksichtigung seiner Fläche als ein Viertel in Betracht. Ist der Balkon dagegen nicht günstig ausgerichtet, ist er Immissionen ausgesetzt, z.B. Verkehr, Lärm, Gestank oder ist der Zuschnitt der Fläche nicht geeignet um z.B. Tisch und Stühle aufzustellen, so kann auch eine geringere Anrechnung der Fläche als ein Viertel in Frage kommen.
Wie bereits auch in der Vergangenheit werden sich zahlreiche Streitigkeiten mit der Bewertung und Anrechenbarkeit dieser Flächen befassen müssen. Hier hat die WoFlV keine Rechtssicherheit gebracht.
2. Muss die Wohnfläche neu ausgemessen werden, nachdem die Wohnflächenverordnung in Kraft getreten ist ?
Hierzu bestimmen die Übergangsregelungen des § 5 WoFlV folgendes:
Ist die Wohnfläche bis zum 31. Dezember 2003 nach der Zweiten Berechnungsverordnung berechnet worden, bleibt es bei dieser Berechnung.
Soweit jedoch nach dem 31. Dezember 2003 bauliche Änderungen an dem Wohnraum vorgenommen werden, die eine Neuberechnung der Wohnfläche erforderlich machen, sind die Vorschriften dieser Verordnung anzuwenden.
Das bedeutet, dass nicht allein die Tatsache, dass nunmehr eine neue Verordnung in Kraft getreten ist, dazu führt, die Wohnfläche neu zu ermitteln, sondern nur Maßnahmen am Gebäude oder in den Wohnungen, die zu einer Grundrissänderung und somit Änderung der Grund- und schließlich der Wohnflächen führen, eine Neuermittlung erforderlich machen.
Rechtsanwältin Martina Westner, München