Unterlassungsklage wegen zweckbestimmungswidriger Nutzung

Frage:

Der Miteigentümer im Erdgeschoss betreibt anstelle eines Ladens dort einen Pizzalieferservice. Im Sommer ziehen die Gerüche immer auf meinen Balkon. Muss ich das dulden?

Antwort:

Nein! Sie haben einen Anspruch auf Unterlassung gegen den Miteigentümer gem. § 15 III WEG, § 1004 BGB. Dieser geht dahin, dass in den Räumen des Miteigentümers weder innerhalb noch außerhalb der allgemeinen Ladenöffnungszeiten ein Pizza-Lieferservice betrieben werden darf. Das Teileigentum der Beklagten ist in der Teilungserklärung als Laden bezeichnet. In dieser Bezeichnung liegt nach ständiger Rechtsprechung des Bayerischen Obersten eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter, BayObLG, ZMR 1993, 427, m.w. Nachw..
Es ist offensichtlich, dass der Betrieb des Pizza-Lieferservice außerhalb der allgemeinen Ladenöffnungszeiten sich nicht im Rahmen der Zweckbestimmung, wie sie in der Teilungserklärung festgehalten ist, hält. Der Charakter eines Geschäftsbetriebs in einem Laden ist ganz wesentlich mit der Vorstellung verbunden, dass ein Laden an beschränkte Betriebszeiten gebunden ist, BayObLG, ZMR 1993, 427; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1993, 587. Nach der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise, vgl. im einzelnen dazu BayObLG, ZMR 1993, 427; NJW-RR 1994, 527; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1993, 587 stört der Betrieb eines Pizza-Lieferservice außerhalb der allgemeinen Ladenöffnungszeiten wegen der mit einem solchen Betrieb verbundenen Lärm- und Geruchsentwicklung mehr als ein Laden und hält sich deshalb nicht im Rahmen der Zweckbestimmung.
Der Unterlassungsanspruch erfasst aber, auch den Betrieb des Pizza-Lieferservice während der allgemeinen Betriebszeiten eines Ladens. Unter einem Laden ist in der Regel ein Raum zum Verkauf von Waren zu verstehen, BayObLG, ZMR 1993, 427; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1993, 587; die Herstellung von Speisen kommt allenfalls als Nebentätigkeit hinzu. Demgegenüber steht bei einem Pizza-Lieferservice die für einen Laden untypische, eher einer Gaststätte oder einer handwerklichen Produktionsstätte wesenseigene Herstellung frischer Speisen im Vordergrund. Eine Produktions- und Auslieferungsstätte für Pizzen ist erfahrungsgemäß mit andersartigen und intensiveren Geruchs- und Geräuschemissionen verbunden als dies bei einem Laden zu erwarten ist, vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 1993, 587.
Da auch hier eine typisierende Betrachtungsweise vorzunehmen ist, bedarf es keiner Beweiserhebung darüber, ob und inwieweit im vorliegenden Fall aus den Geschäftsräumen Gerüche entweichen und wie intensiv die übrigen Wohnungseigentümer durch das An- und Abfahren von Kunden oder von Pkw zur Auslieferung der Pizzen tatsächlich beeinträchtigt werden.

Der Anspruch auf Unterlassung einer zweckbestimmungswidrigen Nutzung des Sondereigentums kann von jedem Wohnungseigentümer allein geltend gemacht werden, BGH Beschluss vom 19.12.1991, V ZB 27/90 – BGHZ 116, 392.

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