Der Bundesgerichtshof lockert die Rechtsprechung zum Eigenbedarf - Nutzung als Ferienwohnung ausreichend

Der Fall:

Ein Vermieter dessen Wohnsitz in Finnland ist, ist Nießbrauchsberechtigter eines älteren, aus vier Wohnungen in vier Geschossen bestehenden Hauses in sehr bevorzugter Lage der Landeshauptstadt Wiesbaden. Eigentümer des Hauses sind seine drei Kinder, die jeweils verheiratet sind und ihrerseits insgesamt sechs Kinder haben. Ebenso wie der Kläger haben seine Kinder und deren Familien ihren Lebensmittelpunkt in Finnland, wo sie auch über Ferienimmobilien verfügen.

Der Kläger und seine Kinder nutzen zwei der vier Wohnungen des streitgegenständlichen Anwesens für gelegentliche Aufenthalte in Wiesbaden. Die Nutzung erfolgt etwa zweimal pro Jahr für ein bis zwei Wochen, insbesondere für Familientreffen. Der Vermieter kündigte eine weitere Wohnung in diesem Anwesen für die Familien seiner Kinder um deren Aufenthalte in Wiesbaden sicherzustellen. Die bisher hierzu von seinen Kindern und deren Familien genutzte Dachgeschosswohnung sei für sechs Erwachsene und vier Kinder zu klein.

Das Amtsgericht hat die auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung gerichtete Klage abgewiesen, da die beabsichtigte Nutzung der Wohnung für wenige Wochen im Jahr keine Nutzung zu Wohnzwecken sei und es daher an einem Wohnbedarf fehle. Auf die Berufung hin hat das Landgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und zur Räumung verurteilt. Der Bundesgerichtshof hat die zugelassene Revision zurückgewiesen.

Die Entscheidung:

Der Bundesgerichtshof führt aus, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts die wesentlichen Fragen der Eigenbedarfskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB geklärt sind. Danach wird der Vermieter durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG in seiner Freiheit geschützt, die Wohnung bei Eigenbedarf selbst zu nutzen oder durch privilegierte Angehörige nutzen zu lassen. Hierbei haben die Gerichte den Entschluss des Vermieters, die vermietete Wohnung nunmehr selbst zu nutzen oder durch den – eng gezogenen - Kreis privilegierter dritter nutzen zulasten, grundsätzlich zu achten und ihre Rechtsfindung zugrunde zu legen. Ebenso haben sie grundsätzlich zu respektieren, welchen Wohnbedarf der Vermieter für sich oder seine Angehörigen als angemessen ansieht. Die Gerichte sind daher nicht berechtigt, ihre Vorstellungen von angemessenem Wohnen verbindlich an die Stelle der Lebensplanung des Vermieters (oder seiner Angehörigen) zu setzen. Hierbei ist höchstrichterlich bereits entschieden, dass sowohl ein zeitlich begrenzter Bedarf hinsichtlich der Wohnung (BGH Urteile vom 20. Oktober 2004 - VIII ZR 246/03; vom 4. März 2015 - VIII ZR 166/14) als auch ein Wohnbedarf, der zwar nicht von seiner Gesamtdauer her zeitlich begrenzt ist, der aber nicht die ständige sondern nur eine zeitweise Nutzung der Wohnung umfasst, die Voraussetzungen des „Benötigens“ der Räume „als Wohnung“ und damit die Voraussetzungen einer Eigenbedarfskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB erfüllen kann. Aus diesem Grunde kann grundsätzlich auch die vom Vermieter beabsichtigte Nutzung, der dem Mieter überlassenen Räume als Zweitwohnung eine Eigenbedarfskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB rechtfertigten (Beschluss vom 22. August 2017-VIII ZR 19/17).

Ob nunmehr eine Ferienwohnung bzw. eine Zweitwohnung aufgrund Eigenbedarfs gekündigt werden kann, kommt es entscheidend darauf an, ob nach der Würdigung der Umstände des Einzelfalls der Eigennutzungswunsch des Vermieters ernsthaft verfolgt wird und von vernünftigen und nachvollziehbaren Gründen getragen ist oder ob er rechtsmissbräuchlich ist.

Auf den Fall gewendet hat der Bundesgerichtshof daher entschieden, dass der Vermieter den in der Kündigungserklärung geltend gemachten Eigennutzungswunsch ernsthaft verfolge und der Eigennutzungswunsch angesichts der hier gegebenen besonderen Umstände trotz des relativ geringen Umfangs der beabsichtigten Nutzung von vernünftigen und nachvollziehbaren Gründen getragen sei.

 

PDFBundesgerichtshof Beschluss vom 21. August 2018 VIII ZR 186/17

 

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