Der Kläger parkte seinen Pkw in der Zeit vom 2. bis 22. August 2009 mit Zustimmung des Berechtigten in einer zu einer Wohnungseigentumsanlage gehörenden Doppelstockgarage. Nach seiner Darstellung ist das Wagendach während dieser Zeit durch ein zu tiefes Absinken der hydraulischen Hebeanlage beschädigt worden.
Die von dem Kläger genutzte Doppelstockgarage besteht aus vier Stellplätzen und verfügt, wie auch die übrigen Garagen- Einheiten der Anlage, über einen eigenständigen, mit den anderen Einheiten nicht verbundenen Hydraulik antrieb. In der Teilungserklärung ist für jede der Doppelstockgaragen Sondereigentum gebildet und dieses jeweils vier Eigentümern zu je ¼ zugewiesen worden.
Mit der Behauptung, die Fehlfunktion der Hydraulikanlage gehe auf deren unzureichende Wartung zurück, nimmt der Kläger die Wohnungseigentümergemeinschaft auf Zahlung von 2.064,03 € in Anspruch. Ferner möchte er festgestellt wissen, dass die Gemeinschaft verpflichtet ist, ihm alle weiteren aus der Beschädigung entstehenden materiellen Schäden zu ersetzen.
Mit Erfolg!
Die Hebeanlage steht nicht im Gemeinschaftseigentum und die beklagte Wohnungseigentümergemeinschaft haftet deshalb nicht nach § 823 Abs. 1 BGB für den Schaden , den diese Anlage an dem Pkw des Klägers verursacht haben soll.
1. Es entspricht heute allgemeiner Auffassung, dass eine Garage, die mithilfe einer Hebebühne für zwei oder vier Pkw genutzt werden kann (sog. Doppelstockgarage), einen Raum im Sinne von § 3 Abs. 1 bzw. Abs. 2 WEG bildet und daher als Ganze im Teileigentum einer Person oder mehrerer Personen in Bruchteilsgemeinschaft stehen kann (vgl. BayObLG, NJW-RR 1994, 1427; NJW-RR 1995, 783, 784; AG Rosenheim ZMR 2008, 923, 924; Münch KommBGB/Commichau, 5. Aufl., § 5 WEG Rn. 19; Erman/Grziwotz, BGB, 13. Aufl., § 3 WEG Rn. 7; Bamberger/Roth/Hügel, BGB, 2. Aufl., § 3 WEG Rn. 11; Armbrüster in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 5 Rn. 65; Zimmer in Jenni ßen, WEG, 2. Aufl., § 3 Rn. 24 aE; Vandenhouten in Niedenführ/ Kümmel/Vandenhouten, WEG, 9. Aufl., § 3 Rn. 34; Riecke/Schmid/Schneider, WEG, 3. Aufl., § 5 Rn. 43; Weitnauer/Briesemeister, WEG, 9. Aufl., § 5 Rn. 29; Timme/Kesseler, WEG, § 3 Rn. 49; Bärmann/Pick, WEG, 19. Aufl., § 3 Rn. 8; Schuschke, NZM 1999, 1121, 1122; Böttcher, RPfleger 2004, 21, 25; Noack, Rpfleger 1976, 5; im Ergebnis auch OLG Jena, ZWE 2000, 232, 233). So liegt es nach der Teilungserklärung auch hier; die Doppelstockgarage Nr. 44 mit den Stellplätzen Nr. 62 bis 65 steht als Einheit zu je einem Viertel den in der Teilungserklärung genannten Personen bzw. deren Rechtsnachfolgern zu. Auf die umstrittene Frage, ob auch der einzelne Stellplatz innerhalb einer Doppelstock garage sondereigentumsfähig ist (vgl. die Nachweise bei Armbrüster in Bär mann, WEG, 11. Aufl., § 5 Rn. 65 Fn. 94 u. 95 sowie Rieke/Schmid/Elzer, WEG, 3. Aufl., § 3 Rn. 71), kommt es nicht an.
2. Das Sondereigentum an der Doppelstockgarage nach den hier gegebenen Verhältnissen umfasst auch die dazugehörige Hebebühne nebst Antrieb (§ 5 Abs. 1 WEG).
a) Betreibt eine Hebevorrichtung mehrere Einheiten (vgl. AG Rosenheim, ZMR 2008, 923, 924: Zehn Hydraulikanlagen zum Betrieb von 104 Stellplätzen), steht sie allerdings zwingend im Gemeinschaftseigentum. Denn nach § 5 Abs. 2 WEG sind Teile des Gebäudes, die für dessen Bestand oder Sicherheit erforderlich sind, sowie Anlagen und Einrichtungen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer dienen, auch dann nicht Gegenstand des Sondereigentums, wenn sie sich im Bereich der im Sondereigentum stehenden Räume befinden. Eine Anlage, die mehrere Doppelstockgaragen betreibt, dient dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer im Sinne dieser Vorschrift. Hierfür ist es nicht erforderlich, dass die Gesamtheit der Wohnungs und Teileigentümer von ihr profitiert; ausreichend ist, dass mindestens zwei Wohnungs oder Teileigentümer auf die Nutzung der Anlage angewiesen sind (vgl. Grziwotz in Jennißen, WEG, 2. Aufl., § 5 Rn. 27; Armbrüster in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 5 Rn. 33). Denn das Wohnungseigentumsge setz sieht dinglich verselbständigte Untergemeinschaften an einzelnen Gebäudeteilen nicht vor, erlaubt es also nicht, eine mehreren Doppelstockgaragen dienende Hydraulikanlage dem Sondereigentum (nur) der Eigentümer dieser Garagen zuzuordnen (vgl. Senat, Urteil vom 30. Juni 1995 – V ZR 118/94, BGHZ 130, 159, 168 mwN).
b) Bei einer Hebevorrichtung handelt es sich aber dann nicht um Gemeinschaftseigentum, wenn durch sie ausschließlich eine Doppelstockgarage betrieben wird und wenn an dieser Garage Sondereigentum ggf. wie hier in Bruchteilen besteht (differenzierend auch MünchKommBGB/Commichau, 5. Aufl., § 5 WEG Rn. 19; Häublein, MittBayNot 2000, 112, 113; Schmidt, ZWE 2005, 339). Die Vorschrift des § 5 Abs. 2 WEG hindert die Bildung von Sondereigentum nicht, da die Anlage in einem solchen Fall nicht dem Gebrauch weiterer Wohnungseigentümer dient. Auch handelt es sich bei ihr nicht um einen Teil des Gebäudes, der für dessen Bestand oder Sicherheit erforderlich ist.
Dass die Hebebühne nebst Antrieb notwendiger Bestandteil einer Doppelstockgarage ist, rechtfertigt keine andere Beurteilung (a.A. OLG Celle, NJW- RR 2005, 1682; OLG Düsseldorf, MittBayNot 2000, 110, 111; Riecke/Schmid/Schneider, WEG, 3. Aufl., § 5 Rn. 43; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 9. Aufl., § 5 Rn. 31). Denn Gegenstand des Sondereigentums sind neben den gemäß § 3 Abs. 1 WEG bestimmten Räumen auch die zu diesen Räumen gehörenden Bestandteile, sofern sie verändert, beseitigt oder eingefügt werden können, ohne dass dadurch das gemeinschaftliche Eigentum oder ein auf Sondereigentum beruhendes Recht eines anderen Wohnungseigentümers über das nach § 14 WEG zulässige Maß hin aus beeinträchtigt oder die äußere Gestaltung des Gebäudes verändert wird (§ 5 Abs. 1 WEG). Dies trifft auf die technische Einrichtung einer Doppelstockgarage zu, die wie hier als Ganzes im Sondereigentum steht und durch eine von den anderen Garageneinheiten unabhängige Einzelhydraulik betrieben wird.
BGH, Urteil vom 21.10.2011 – V ZR 75/11
Vorinstanzen:
AG Ingolstadt, Entscheidung vom 04.05.2010 - 10 C 2778/09 -
LG Ingolstadt, Entscheidung vom 15.03.2011 - 24 S 876/10 -