BGH, Urteil vom 15. Januar 2010 - V ZR 40/09 -

WEG § 7 Abs. 4 Nr. 1; § 10 Abs. 3
Eintragungen des planenden Architekten in den Genehmigungsplänen kommt in der Regel nicht dadurch die Bedeutung einer Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter zu, dass diese Pläne für den Aufteilungsplan genutzt werden.

Das Grundstück N. straße 5 in L. ist durch Erklärung vom 30. August 1994 gem. § 8 WEG geteilt. Der Klägerin gehört die Wohnungseigentumseinheit Nr. 4102, dem Beklagten die unter der Wohnung der Klägerin gelegene Teileigentumseinheit Nr. 4002. Diese besteht nach der Teilungserklärung aus einem Miteigentumsanteil an dem Grundstück "und den nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumlichkeiten im Erdgeschoss und Kellerraum im Kellergeschoss, … im Aufteilungsplan mit Nr. 4002 bezeichnet". Der Auftei-lungsplan beruht auf einer Grundrisszeichnung des Architekten des Gebäudes, die Bestandteil der Genehmigungsplanung war. Der größte der Teileigentumseinheit Nr. 4002 zugeordnete Raum ist als "Café" bezeichnet.

Der Beklagte hat sein Sondereigentum vermietet. Der Mieter nutzt die Räume als Speiselokal. Mit der Klage verlangt die Klägerin unter anderem, dem Beklagten die Nutzung seines Sondereigentums zu anderen Zwecken als zum Betrieb eines Cafés zu untersagen und dort keine Schank- und Speisewirtschaft zu betreiben. Das Amtsgericht hat der Klage insoweit stattgegeben. Das Landgericht hat sie auf die Berufung des Beklagten abgewiesen und im Berufungsrechtszug von der Klägerin hilfsweise gestellte Anträge zurückgewiesen, die die Klägerin aus einer Unzulässigkeit der Nutzung der Räume zu anderen Zwecken als zum Betrieb eines Cafés herleitet. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des Urteils des Amtsgerichts und verfolgt die von dem Landgericht zurückgewiesenen Hilfsanträge weiter.

Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nur im Ergebnis stand. Die von der Klägerin aus § 15 Abs. 3 WEG, § 1004 Abs. 1 BGB abgeleiteten Ansprüche bestehen nicht, weil es an einer Beschränkung der Befugnis zur Nutzung des Sondereigentums des Beklagten fehlt, gegen die er durch die Vermietung seiner Räume zum Betrieb einer Speisegaststätte verstoßen würde.


1. Jeder Wohnungs- und Teileigentümer ist berechtigt, mit den in seinem Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen nach Belieben zu verfahren, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, § 13 Abs. 1 WEG. Derartige Rechte können sich namentlich aus Gebrauchsregelungen der Eigentümer i.S.v. § 15 Abs. 1 WEG ergeben. Insoweit kommen Vereinbarungen gem. § 10 Abs. 2 Satz 2 WEG und damit auch in der Teilungserklärung getroffene Regelungen, § 8 Abs. 2, § 5 Abs. 4 Satz 1 WEG, in Betracht. So liegt es mit Nutzungsbeschränkungen in der Teilungserklärung, denen der Charakter einer Vereinbarung zukommt.

Ob es sich so verhält, ist durch Auslegung der Teilungserklärung festzustellen. Da die Teilungserklärung Bestandteil der Eintragung in das Grundbuch ist, hat die Auslegung nach objektiven Gesichtspunkten zu erfolgen; die Auslegung ist in vollem Umfang der Prüfung durch den Senat zugänglich (st. Rspr., vgl. Senat, BGHZ 139, 388, 392; 160, 354, 361 f.).

Bei der Auslegung der Teilungserklärung ist von deren Wortlaut auszugehen. Angaben in dem Aufteilungsplan kommt allenfalls nachrangige Bedeutung zu. Aufgabe des Aufteilungsplans ist es nach § 7 Abs. 4 Nr. 1 WEG, die Aufteilung des Gebäudes sowie die Lage und Größe des Sondereigentums und der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Gebäudeteile ersichtlich zu machen (BayObLG ZfIR 2000, 554, 555), und nicht, die Rechte der Wohnungs- und Teileigentümer über die Bestimmung der Grenzen des jeweiligen Eigentums hinaus zu erweitern oder zu beschränken (Wenzel in Bärmann, WEG, 10. Aufl., § 15 Rdn. 9; Jennißen/Weise, WEG, § 15 Rdn. 7).


a) Werden Genehmigungspläne als Grundlage der Darstellung der Aufteilung des Gebäudes benutzt, kommt Eintragungen des planenden Architekten in diese Pläne daher grundsätzlich nicht die Bedeutung einer Nutzungsbeschränkung zu (st. Rechtspr., vgl. OLG Schleswig NZM 1999, 79, 80; BayObLG ZfIR 2000, 554, 555; OLG Düsseldorf NJW-RR 2000, 1400, 1401; OLG Hamburg ZMR 2003, 446; OLG Zweibrücken, NJW-RR 2005, 1540; OLG Hamm NZM 2007, 294, 295). Das wird im vorliegen Fall schon dadurch offensichtlich, dass in der zur Anfertigung des Aufteilungsplans benutzten Grundrisszeichnung die zu der Teileigentumseinheit Nr. 4002 gehörenden Räume nicht sämtlich als "Café" bezeichnet sind, sondern sich diese Bezeichnung nur in der Darstellung des größten zu der Teileigentumseinheit gehörenden Raumes befindet und die übrigen zu der Teileigentumseinheit gehörenden Räume mit den Eintragungen "WC H(erren), WC D(amen), Umkl(eideraum)" und "Küche" bezeichnet sind. Für die Räume der angrenzenden Wohnungseigentumseinheit Nr. 4003 finden sich die Bezeichnungen "Gard(erobe), Bad, Küche, Wohnen Schlafen". Entsprechend verhält es sich mit den Wohnungseigentumseinheiten Nr. 4001, 4003 und 4004. Diesen Angaben zu entnehmen, die Nutzung der Räume sei auf den jeweils eingetragenen Zweck beschränkt, ist offenbar verfehlt.

b) In die zeichnerische Darstellung des als "Café" bezeichneten Raumes des Teileigentums des Beklagten sind eine Bar mit zehn Hockern, sechs rechteckige und vier runde Tische mit jeweils vier Stühlen eingezeichnet. In dem Grundriss der Wohnungen finden sich die Aufstellungsorte von Betten, Sesseln und Schränken. Das hat mit der Frage der Abgrenzung des jeweiligen Sondereigentums nichts zu tun und macht offensichtlich, dass es sich bei den über die Darstellung der Wände hinausgehenden Eintragungen des planenden Architek-ten um Vorschläge handelt, denen für die Auslegung der Teilungserklärung keine Bedeutung zukommt. Das wird im vorliegenden Fall auch dadurch deutlich, dass in der Gemeinschaftsordnung das "Café" nicht erwähnt ist.


c) Etwas anderes folgt entgegen den Feststellungen des Amtsgerichts, auf die das Berufungsgericht Bezug genommen hat, auch nicht daraus, dass die auf dem Grundstück errichteten Gebäude einen "Wohn- und Büropark" bilden. Dem entspricht oder widerspricht die Nutzung einer Teileigentumseinheit als Speisegaststätte nicht anders als die Nutzung als Café.

2. Ob die Teileigentumseinheit des Beklagten die zum Betrieb einer Gaststätte oder eines Cafés bauordnungsrechtlich notwendige Absauganlage aufweist, ist für die Auslegung der Teilungserklärung schon deshalb ohne Bedeutung, weil es sich bei dieser Anlage um einen Umstand außerhalb der Teilungserklärung handelt, der nicht für jeden ohne weiteres erkennbar ist (vgl. Senat, BGHZ 113, 374, 378; 121, 236, 239; 139, 288, 292).
 

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AG Leipzig, Entscheidung vom 23.07.2008 - 151 C 9550/07 -
LG Dresden, Entscheidung vom 25.02.2009 - 2 S 407/08 -

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